Fachstelle Psychotrope Substanzen
Die Fachstelle Crystal Meth ist seit dem 01.01.2018 an die Thüringer Landesstelle für Suchtfragen e. V. angegliedert und wurde 2023 zur Fachstelle Psychotrope Substanzen umbenannt.
Referentin der Fachstelle: Sarah Kornmann
Service und Projekte der Fachstelle
Die Fachstelle versteht sich als Servicestelle rund um das Thema psychotrope Substanzen. Neben der Vernetzung der Akteur:innen der Suchtkrankenhilfe und der Beobachtung der Entwicklungen bilden Wissensvermittlung, Öffentlichkeitsarbeit sowie Erarbeitung bzw. Begleitung von Projekten zum Thema die Schwerpunkte.
Psychotrope Substanzen sind bewusstseinsverändernde Substanzen. Sie beeinflussen die Wahrnehmung, das Denken, Fühlen und Handeln. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert psychoaktive Substanzen (Drogen) wie folgt: „Drogen sind alle Stoffe, Mittel und Substanzen, die aufgrund ihrer chemischen Natur Strukturen oder Funktionen im lebenden Organismus verändern, wobei sich diese Veränderungen insbesondere in der Stimmungslage, im Bewusstsein, in anderen psychischen Bereichen oder im Verhalten bemerkbar machen (psychoaktiv).“ Dabei wird nicht zwischen legalen und illegalen Substanzen unterschieden.
Hintergrund für die Etablierung und Notwendigkeit einer Fachstelle zu diesem Thema waren die folgenden Überlegungen: Einig sind sich alle Experten:innen, dass eine engere Verzahnung der Hilfsangebote und eine größere Kooperation zwischen Renten- und Krankenversicherung, Sozialhilfe- und Jugendhilfeträger, Suchthilfe und Psychiatrie notwendig sind. Die wichtigsten Herausforderungen sind dabei die Bereitstellung von spezifischen Angeboten, insbesondere Hilfestellungen für die Zielgruppe Mütter mit Kindern (Modellprojekt Jena „clean4us“), ein Ausbau der Beratungsangebote, Arbeits- und Beschäftigungsmöglichkeiten und mehr Angebote in der Weiter- und Fortbildung.
Durch die Fachstelle erfolgen eine Vernetzungskoordinierung, Aufnahme und Sichtbarmachen der einzelnen Angebote.
Mit den in Thüringen ab 2008 rasant steigenden und seit 2014 auf hohem Niveau stagnierenden Fallzahlen von Menschen, welche Crystal konsumieren, wurde auch der Bedarf an Fortbildungen zu diesem Thema deutlich. Die Fachstelle bietet daher in Zusammenarbeit mit Expert:innen aus der professionellen Suchtkrankenhilfe eine Inhouse-Fortbildung mit mehreren Modulen an. Nachfolgend kann der aktuelle Flyer mit den Angeboten heruntergeladen werden:
Die Forschung belegt, dass der Konsum von Drogen, Alkohol und Nikotin die Entwicklung des ungeborenen Kindes erheblich beeinträchtigt. Durch den Konsum kommt es oftmals zu lebenslangen gesundheitlichen Einschränkungen für die Kinder. Aus Studien und Untersuchungen ist bekannt, dass Menschen, die illegale Drogen konsumieren, in der Regel jung sind und Drogen wie Crystal Meth die Lust auf Sex steigern können. Das heißt auch, dass das Thema Schwangerschaft bei den konsumierenden Frauen eine Rolle spielt. Nicht nur die Suchthilfe weiß um diesen Fakt, auch die Geburtsmedizin und andere professionelle Unterstützungsangebote berichten zunehmend von schwangeren Konsumentinnen illegaler Drogen.
Mit dieser Thematik beschäftigen sich daher seit Ende 2018 in der Region Jena Vertreter:innen aus dem Gesundheitswesen, kommunalen Einrichtungen und sozialen Unterstützungsangeboten gemeinsam. Entwickelt wurde mit Unterstützung der TLS ein Konzept für ein Pilotprojekt zur Versorgung konsumierender Schwangerer, welches seit Mai 2020 umgesetzt wird. Gefördert wird das Vorhaben durch das zuständige Thüringer Ministerium (TMASGFF). Die Umsetzung erfolgt in Trägerschaft des Jenaer Universitätsklinikums. Ziel des Projektes ist es, die Frauen auf dem Weg zur Konsumfreiheit zu unterstützen und ihnen ein gemeinsames Leben mit den Kindern zu ermöglichen. Mit Hilfe einer Case Managerin sollen vorhandene Hilfsangebote der Netzwerkpartner gebündelt werden um somit eine optimale Versorgung von Mutter und Kind auch über die Geburt hinaus zu gewährleisten.
Die TLS e.V. unterstützt dieses Projekt konzeptionell und organisatorisch.
Patient:innen mit stimulanzienbezogenen Störungen bilden unverändert in Thüringen die zweitgrößte Diagnosegruppe (nach Alkohol). 2020 befindet sich der höchste Anteil an Patient:innen mit dieser Störung in stationären Einrichtungen, wobei sich keine Veränderung im Vergleich zum Vorjahr ergeben hat. Zwischen 2010 und 2015 fand eine Zunahme von Betreuungen aufgrund von stimulanzienbezogenen Störungen statt. Bis 2018 sank die Zahl der verzeichneten „Fälle“ wieder. Seit 2019 hingegen ist eine steigende Tendenz zu beobachten.
Speziell in den stationären Rehabilitations- und Adaptationseinrichtungen ist ein weiterer Anstieg der Behandlungen bei Frauen aufgrund einer stimulanzienbezogenen Störung zu beobachten: Während 2015 16% der Männer und 15% der Frauen behandelt wurden und 2016 24% bzw. 18%, sind es 2017 etwas weniger Männer (22%) und etwas mehr Frauen (20%).
2018 erreicht die Entwicklung einen neuen Höchststand mit je 28% für beide Geschlechter. 2019 entsteht mit 30% im Vergleich zum Vorjahr ein nur leichter Anstieg. Allerdings hat sich der Anteil der Frauen erhöht.
Von 2019 zu 2020 bleibt der Wert bei 30%. Während die Anteilswerte für Frauen im Vergleich zum Vorjahr unverändert sind (2020: 25%; 2019: 25%), ist bei den Männern eine leichte Zunahme zu beobachten (2020: 19%; 2019: 17%).
Grundsätzlich stagnieren damit die Zahlen der Betroffenen mit einer stimulanzienbezogenen Störung im stationären Bereich auf hohem Niveau.
- Nach dem „Höhepunkt“ 2015 mit 1.223 „Fällen“ von Stimulanzienkonsument:innen im Thüringer Suchthilfesystem ist die Zahl in den darauffolgenden Jahren bis 2018 auf 1.053 „Fälle“ gesunken.
- Von 2018-2020 gibt es wieder eine steigende Tendenz zu verzeichnen (2020 – 1158 „Fälle“).
- Wichtig ist die Zahl der beteiligten Suchthilfeeinrichtungen zu gemeldeten „Fällen“ ins Verhältnis zu setzen. Weniger teilnehmende Einrichtungen = weniger erfasste „Fälle“.
- 2020 beteiligten sich insgesamt 50 Suchthilfeeinrichtungen an der Suchthilfestatistik für den Freistaat Thüringen (29 ambulante, 5 stationäre und 16 soziotherapeutische Einrichtungen). Im Vergleich zum Vorjahr, in dem eine Beteiligung von 49 Einrichtungen vorlag, hat sich die Beteiligung stabil gehalten.
- Nichtdestotrotz finden nicht alle Stimulanzienkonsument:innen in das Thüringer Behandlungssetting. Dementsprechend gibt es eine weitaus höhere Dunkelziffer.
- Von 2018-2020 gab es in Thüringen laut Kriminalstatistik eine steigende Tendenz von erfassten Crystal Fällen (2018-2.697;2020-2.927).